Wer kennt sie nicht, diese praktischen Clouds. Die von überall schnell erreichbaren Onlinespeicher für meine Fotos und Dokumente, oder das Microsoft-Konto zur Synchronisierung meiner Endgeräte und zur Verwaltung der Solitaire-Bestenliste. Ein Leben ohne Cloud scheint möglich, aber sinnlos!?
Wird in Zukunft ohne Clouds kein Leben mehr möglich sein?
Ich selbst bin ein Mensch, der modernen Technologien aufgeschlossen gegenübersteht. Das ist wohl vorwiegend meiner beruflichen Laufbahn als Techniker geschuldet, sowie meinem allgemeinen Interesse an der Computertechnik, seit dem Commodore C64 bis heute.
Die Datensammelleidenschaft einiger Unternehmen bereitet mir jedoch zunehmend Bauchschmerzen. Ich habe beschlossen, genauer hinzuschauen, wer von mir welche Daten erhält.
Gesichtsverlust statt Gewichtsverlust
Alles begann im Frühjahr letzten Jahres. Mein Winterspeck hatte beschlossen, die warmen Frühlingstage zu genießen, und es sich bis zum kommenden Winter gemütlich zu machen. So begann ich zwecks gründlicher Gewichtskontrolle dieses Vorhaben zu vereiteln.
Ich bestellte mir also bei der Firma Withings eine Personenwaage. Die Eckdaten hätten auch gut auf ein Arbeitsgerät einer Großschlachterei gepasst.
Körperfettmessung, Knochenmassenermittlung, Muskelmassenbestimmung, BMI und, ach ja, Gewichtsanzeige. Der Werbeslogan lautete in etwa:
„Erkunden sie ihre vollständige Körperzusammensetzung und Gewichtsentwicklung“.
Genau so etwas wollte ich haben.
Bestellt, geliefert und ausgepackt. Die Waage verband sich nach dem Einschalten wie von Geisterhand mit meinem WLan. Die Spannung stieg. Wieviel kg wird mir das in edlen schwarzen Glas eingefasste Display anzeigen?
Das Display forderte mich auf, zunächst eine App auf meinem Smartphone zu installieren. Ohne diese App verweigerte die Waage stur die Arbeitsaufnahme. Ich installierte widerwillig die App. Die Nutzungsbedingungen, JA ich lese sie hin und wieder, verlangten meine Zustimmung, dass alle von der Waage erfassten Daten in eine Cloud übertragen werden. Der Hersteller behielt sich das Recht vor, diese Daten für beliebige Zwecke weiter zu verwenden. Ohne diese Zustimmung war die Hightech-Waage allenfalls als Schneidebrett zu gebrauchen.
Nun war Schluss mit lustig. Waage eingepackt, zurückgeschickt.
Ich will doch nur drucken
Ein Jahr später, ich verwende mittlerweile eine schlichte Badezimmerwaage ohne Schnickschnack, war ein neuer Drucker fällig. Die Wahl fiel auf einen HP ENVY Pro 6420.
Bestellt, geliefert und ausgepackt.
Beim Auspacken wunderte ich mich, dass kein USB-Anschluss für ein Druckerkabel vorhanden war. Ok, egal. Drucker mit Netzstecker angeschlossen, die Installation sollte automatisch erfolgen. Laut Bedienungsanleitung musste dazu eine App (HP Smart) auf den PC heruntergeladen werden, um den Drucker einzurichten. Nach dem Start der App in die Benutzungsbedingungen geschaut. Auch hier geht ohne Zustimmung zum Daten sammeln gar nichts. Der Drucker kann ohne die App nur sehr eingeschränkt benutzt werden. Scannen geht nur mit Anmeldung in der HP-Cloud!!
Ich kann verstehen, dass einige Hersteller möglichst alles über ihre Kunden erfahren möchten. Aber lasst uns doch bitte die Wahl, ob ich meine persönlichen Daten in eine Cloud laden lasse oder nicht. Das Gerät soll dann bitte schön auch ohne Cloud vollständig benutzbar sein.
Ich habe doch nichts zu verbergen
Wen geht es etwas an, was, wann, und wieviel ich drucke oder scanne? Wen geht es etwas an, wieviel kg ich über Weihnachten zugelegt habe?
Daten aus Blutdruckmessgeräten, Blutzuckerwerten, Fitnesstrackern, Fernsehgeräten, Spielzeugen oder modernen PKW und Online-Einkäufen landen in der Cloud. Durch Verknüpfung der Daten lassen sich Profile über das Nutzerverhalten erstellen.
Nun werden einige sagen, was soll denn die ganze Aufregung. Das ist der Weg des technischen Fortschritts, und außerdem habe ich nichts zu verbergen.
Es gibt genügend Beispiele auf der Welt, wo Menschen nur im verborgenen frei kommunizieren können, weil sie sonst um Leib und Leben fürchten müssen.
In unserm Land ist das Recht auf Privatsphäre ausdrücklich geschützt. Wollen wir das ändern?
Wer nichts zu verbergen hat macht sich angreifbar, manipulierbar und abhängig. Wollen wir so in Zukunft leben?
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